Aller au contenu principal

Arbeitsrechtliche Fragen im Zusammenhang mit dem Coronavirus

Dr. iur. Melanie Huber, Fachanwältin SAV Arbeitsrecht / MLaw Larissa Simeon / MLaw Manuel Bertschi, LLM, alle Rechtsanwälte bei Kellerhals Carrard, Basel

 

Vertragsunterzeichnung
iStock

I. Möglichkeiten für Arbeitgeber

A. Darf der Arbeitgeber kurzfristig Ferien anordnen?

Der Arbeitgeber kann zwar den Zeitpunkt der Ferien bestimmen, muss dabei jedoch nach Möglichkeiten die Wünsche des Arbeitnehmers berücksichtigen. Weil Ferien dem Erholungszweck dienen sollen, muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für die Ferienplanung ausreichend Vorlaufzeit – in der Regel drei Monate – einräumen. Uneinigkeit herrscht darüber, ob die Dauer dieser Vorlaufzeit in Ausnahmesituationen verkürzt werden darf. U.E. ist in der aktuellen Lage eine leichte Verkürzung der Vorlaufzeit vertretbar, wobei eine sehr kurzfristige Ferienordnung unzulässig sein dürfte. Auf den Bezug bereits bewilligter Ferien kann der Arbeitgeber u.E. hingegen beharren.

B. Darf der Arbeitgeber einseitig Minusstunden oder den Bezug von Überstunden anordnen?

Eine Anordnung von Minusstunden mit der Pflicht zum Nachholen der ausgefallenen Stunden widerspräche u.E. Art. 324 OR und ist daher nicht möglich. Auch die einseitige Anordnung der Kompensation von Überstunden ist ohne anderslautende vertragliche Vereinbarung grundsätzlich unzulässig, da die Kompensation i.d.R. im Einvernehmen mit dem Arbeitnehmer festzulegen ist. Einzelne Autoren vertreten jedoch die Ansicht, dass der Arbeitnehmer aufgrund der Treuepflicht in Ausnahmesituationen sowie bei Existenzgefährdung des Betriebs einseitig dazu angehalten werden kann, Überstunden zu beziehen oder einzelne ausgefallene Arbeitsstunden ohne zusätzliche Entschädigung nachzuholen.

C. Darf der Arbeitgeber den Mitarbeitern kündigen?

Der Arbeitgeber kann den Mitarbeitern aus wirtschaftlichen Gründen kündigen.

D. Darf der Arbeitgeber Kurzarbeit anordnen?

Kurzarbeit kann mit Zustimmung des Arbeitnehmers beantragt werden, woraufhin die Arbeitslosenversicherung 80% der Ausfallstunden entschädigt. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Kurzarbeitsentschädigungen wurden in den letzten Wochen massiv reduziert. Beispielsweise sind nun auch Angestellte in befristeten Arbeitsverhältnissen, Lernende und leitende Angestellte mit massgeblichem Einfluss auf die Entscheidungen des Arbeitgebers anspruchsberechtigt

II. Finanzielle Ansprüche der Arbeitnehmer

A. Wann hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Lohn?

Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf Lohn, wenn er seine Arbeit im Betrieb oder im Homeoffice leistet. Weiter hat der Arbeitnehmer etwa in folgenden Fällen Anspruch auf Lohn: Bezug von Ferien, Kompensation von Überstunden, eigene Krankheit oder Betreuung eines kranken Kindes, Schliessung des Betriebs aufgrund Verschuldens des Arbeitgebers, Leistung von Kurzarbeit.

B. Hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Lohn, wenn er aufgrund einer Schulschliessung seine Kinder betreuen muss und daher nicht arbeiten kann?

Dies ist umstritten. Gemäss Seco schuldet der Arbeitgeber in diesem Fall den Lohn. U.E. stellt die durch die Schulschliessung verursachte Arbeitsverhinderung wegen Kinderbetreuung hingegen keine in der Person des Arbeitnehmers liegende Verhinderung, sondern ein objektives Leistungshindernis dar, womit keine Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers besteht. Relativiert wird dies inzwischen insofern, als dass die neue COVID-19-Verordnung Erwerbsausfall Eltern mit Kindern bis zum 12. Altersjahr bei Schulschliessung einen subsidiären Anspruch auf Erwerbsausfallentschädigung in der Höhe von 80% des durchschnittlichen Einkommens gewährt, höchstens jedoch CHF 196 pro Tag.

C. Hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Lohn, wenn er sich in Quarantäne befindet?

Wird ein Arbeitnehmer, der krankheitsverdächtig oder ansteckungsverdächtig ist, unter Quarantäne gestellt, liegt u.E. die Ursache der Arbeitsverhinderung in der Person des Arbeitnehmers, weshalb eine Lohnfortzahlungspflicht besteht. Werden hingegen ganze Gebiete von den Behörden unter Quarantäne gestellt, liegt u.E. keine in der Person des Arbeitnehmers liegende Verhinderung vor, weshalb kein Lohn geschuldet ist. Für Arbeitnehmer, die ihre Erwerbstätigkeit infolge ärztlicher oder behördlich angeordneter Quarantäne unterbrechen müssen, aber nicht selber am Coronavirus erkrankt sind, besteht jedoch aufgrund der neuen COVID-19-Verordnung Erwerbsausfall für zehn Tage Anspruch auf ein Taggeld in Höhe von 80% des durchschnittlichen Einkommens, höchstens jedoch CHF 196 pro Tag.

D. Hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Lohn, wenn der Betrieb auf behördliche Anordnung hin geschlossen wird?

Das Risiko einer behördlichen Betriebsschliessung zur Verhinderung der Ausbreitung des Coronavirus ist u.E. nicht der Risikosphäre des Arbeitgebers zuzuordnen, womit der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung hätte. In der Praxis wird dieses Problem dadurch entschärft, dass für einen Arbeitsausfall aufgrund des Erlasses eines Betriebsverbots infolge des Coronavirus Kurzarbeitsentschädigung beantragt werden kann.

E. Haben besonders gefährdete Arbeitnehmer, welche ihre Arbeitsverpflichtungen nicht erbringen können, Anspruch auf Lohn?

Besonders gefährdete Arbeitnehmer, die ihre Arbeitsverpflichtungen oder eine gleichwertige Ersatzarbeit weder zuhause noch am üblichen Arbeitsort erbringen können,  werden vom Arbeitgeber  gestützt auf Art. 10c der COVID-19-Verordnung 2  unter Lohnfortzahlung freigestellt. Dasselbe gilt für Arbeitnehmer, welche die ihnen zugewiesene Arbeit ablehnen, da sie die Gefahr einer Ansteckung mit dem Coronavirus aus besonderen Gründen als zu hoch für sich erachten.